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Abschluss der Aktienrechtsrevision per 1. Januar 2023

30. Mär 2022

Nachdem die Aktienrechtsrevision bereits partiell durch wenige Neuregelungen bezüglich Geschlechterquote und Transparenzvorschriften für Rohstoffunternehmen im Jahr 2021 in Kraft getreten ist, werden ab dem 1. Januar 2023 zahlreiche weitere Änderungen Geltung erlangen. Damit wird die grosse Aktienrechtsrevision nach einer jahrelangen Revisionsphase abgeschlossen. Die Neuerungen bieten Schweizer Unternehmen vor allem flexiblere Gründungs- und Kapitalvorschriften. Dieser Artikel gibt einen kurzen Überblick über die für KMU wesentlichsten Änderungen.

Gesellschaftskapital in einer Fremdwährung

Neu muss das Gesellschaftskapital nicht mehr zwingend in Schweizer Franken liberiert werden, dies kann auch in einer für die Geschäftstätigkeit der Gesellschaft wesentlichen ausländischen Währung (jedoch beschränkt auf GBP, EUR, USD oder Yen JPY) erfolgen. Folge daraus ist, dass die gesamte Rechnungslegung in der gewählten Währung zu erfolgen hat. Auch bestehende Gesellschaften können durch Beschluss der Generalversammlung zu Beginn eines Geschäftsjahres die Währung ändern. Zur Bemessung der Steuern wird nach wie vor eine Umrechnung in CHF nötig sein, wobei für die Gewinnsteuer der durchschnittliche Devisenkurs der Steuerperiode und für die Kapitalsteuer der Devisenkurs am Ende der Steuerperiode massgebend sein wird.

Aktiennennwert

Der Nennwert musste bisher mindestens einen Rappen betragen – neu wird lediglich ein Wert, der grösser als null ist, verlangt.

Vereinfachungen bei Kapitalveränderungen

Sowohl für Kapitalherabsetzungen als auch für Kapitalerhöhungen bringt die Revision Erleichterungen und Beschleunigungen mit. Bei der ordentlichen Kapitalherabsetzung muss z.B. nur noch 1 Schuldenruf (anstatt 3) im SHAB publiziert werden. Zudem wird die Frist, in welcher die Gläubiger die Sicherstellung ihrer Forderungen verlangen können, von 60 auf 30 Tage gekürzt. Bei der ordentlichen Kapitalerhöhung hat der Verwaltungsrat neu mit 6 (anstatt 3) Monaten etwas länger Zeit für die Umsetzung. Zudem wird neu für die Fristwahrung auf die korrekte Anmeldung beim Handelsregister und nicht mehr auf die Eintragung der Kapitalerhöhung im Handelsregister (auf welche die Gesellschaften keinen Einfluss haben) abgestellt.

Kapitalband

Neu eingeführt wird zudem das Institut des «Kapitalbandes», welches Gesellschaften erlaubt, ihr Aktienkapital während einer Dauer von 5 Jahren zu verändern. Erforderlich ist dafür ein Beschluss der Generalversammlung und die Festlegung einer definierten Bandbereite in den Statuten, wobei das im Handelsregister eingetragene Aktienkapital maximal um die Hälfte über- bzw. unterschritten werden darf und immer mindestens CHF 100'000 betragen muss. Die Umsetzung erfolgt dann durch den Verwaltungsrat. Mit dem Kapitalband wird die bisherige «genehmigte Kapitalerhöhung» ersetzt, wobei neu quasi eine genehmigte Kapitalerhöhung oder aber eine genehmigte Kapitalherabsetzung möglich sein werden. Zu beachten ist, dass Kapitalherabsetzungen unter dem Titel Kapitalband nur erlaubt sind, wenn die Gesellschaft eine (eingeschränkte oder ordentliche) Revision durchführt.

Zwischendividenden

Das neue Aktienrecht erlaubt es der Generalversammlung ausdrücklich, die Ausschüttung von Zwischendividenden gestützt auf einen Zwischenabschluss zu beschliessen. Der Zwischenabschluss muss von der Revisionsstelle geprüft werden, sofern die Gesellschaft kein Opting-Out beschlossen hat oder sämtliche Aktionäre der Ausrichtung der Zwischendividende zustimmen und die Forderungen der Gläubiger durch das Ausschütten der Zwischendividende nicht gefährdet sind.

Schiedsklauseln

Neu dürfen die Statuten Schiedsgerichtsklauseln für gesellschaftsrechtliche Streitigkeiten vorsehen. Solche statutarischen Schiedsklauseln sind sowohl für die Gesellschaft, deren Organe als auch für die Aktionäre bindend.

Virtuelle Generalversammlung

Die Möglichkeit der Abhaltung von virtuellen Generalversammlungen wurde bereits mit den Covid-19-Veordnungen eingeführt, was nun auch im neuen Aktienrecht so vorgesehen ist. Die Covid-19-Verordnungen wurden zudem bis zum Inkrafttreten des neuen Aktienrechts verlängert, was Gesellschaften ermöglicht, ihre Generalversammlung auch im Jahr 2022 virtuell durchzuführen.

Weitere Neuerungen bezüglich Generalversammlungen betreffen zudem den elektronischen Versand von Einladungen inkl. Geschäftsbericht, die Fassung von Beschlüssen auf dem Zirkularweg (dies galt bisher nur für Verwaltungsratsbeschlüsse), die Tagung an mehreren Tagungsorten oder sogar im Ausland sowie die Ausübung von Aktionärsrechten auf elektronischem Weg. Der Verwaltungsrat ist dafür verantwortlich, dass bei der Verwendung elektronischer Mittel die Identität der Teilnehmer feststeht, die Voten in der Versammlung unmittelbar übertragen werden, keine Abstimmungsergebnisse verfälscht werden und dass jeder Teilnehmer Anträge stellen und sich an der Diskussion beteiligen kann.

Wegfall der Sachübernahmevorschriften

Des Weiteren stellt die (beabsichtigte) Sachübernahme (d.h. die Übernahme von Assets von Beteiligten oder nahestehenden Personen bei der Gründung oder Kapitalerhöhung) neu keinen qualifizierten Tatbestand mehr dar. Dies hat zur Folge, dass die Sachübernahme weder in den Statuten erwähnt noch ein geprüfter Gründerbericht erstellt werden muss und folglich auch keine Publikation im Handelsregister erfolgen muss. Diese Erleichterung ist sehr erfreulich, insbesondere da die bisherigen Sachübernahmevorschriften oftmals auslegungsbedürftig und die Rechtsfolgen bei deren Nichteinhaltung drastisch waren.

Durch die Aktienrechtrevision erforderliche Statutenanpassungen

Die neuen Gesetzesbestimmungen, von denen Schweizer Unternehmen ab dem 1. Januar 2023 Gebrauch machen dürfen, schaffen Flexibilität. Sie dürften zudem auch für international tätige Unternehmen oder für Unternehmen mit im Ausland ansässigen Verwaltungsräten oder Aktionären interessant sein. Wenn Unternehmen die neu eingeführten Erleichterungen umsetzen wollen (z.B. Löschung von publizierten Sachübernahmen, Schaffung eines Kapitalbandes oder die Möglichkeit, die Generalversammlung virtuell abzuhalten), sind teilweise Statutenänderungen nötig. Erforderlich dafür ist ein Beschluss der Generalversammlung inkl. öffentlicher Beurkundung.

Es lohnt sich somit, die Statuten im Hinblick auf das Inkrafttreten der neuen Bestimmungen auf Gesetzeskonformität zu überprüfen und allfällig gewünschte Modernisierungen einzuführen. Möglich ist es zudem auch, eine Statutenänderung noch 2022 vor Inkrafttreten der Änderungen zu beschliessen, dies unter der aufschiebenden Bedingung, dass das neue Aktienrecht in Kraft tritt. Sofern Statuten und Reglemente nach neuem Aktienrecht nicht mehr gesetzeskonform sind, müssen diese zudem innerhalb einer Frist von 2 Jahren, also bis Ende 2024, angepasst werden.

Martina Wüthrich

Kontakt

Martina Wüthrich, Partnerin 
Muri Partner Rechtsanwälte AG 

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