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Corona - Das Coronavirus in der anwaltlichen arbeitsrechtlichen Beratung (Stand 13.08.2020)

01. Aug 2020

Das Coronavirus hat nicht nur die Wirtschaft plötzlich und hart getroffen, sondern auch wir Anwälte stehen vor nie da gewesenen Herausforderungen, Problemen und Fragestellungen, zu welchen es noch kaum gefestigte Lehrmeinungen oder gerichtliche Entscheidungen gibt. Während des Höhepunkts der Epidemie gab es nahezu täglich neue Weisungen des Bundesrates sowie Änderungen der COVID-19-Verordnungen. Oft gelangten Arbeitgeber mit der Anfrage an uns, wie mit den Arbeitnehmern im Zusammenhang mit dem Coronavirus umzugehen ist. Im Weiteren möchten wir einige Fallballspiele aufzeigen.

Kurzarbeitsentschädigung (KAE)

Vor allem zu Beginn des Lockdowns hatten wir sehr viele Anfragen betreffend KAE. Die erhöhte Nachfrage war auch darauf zurückzuführen, dass eine rechtsverbindliche telefonische Auskunft vom SECO respektive AWA schwierig zu erhalten war. In der Zwischenzeit hat sich hier sehr viel getan. Aktuell hat der Bundesrat am 12. August 2020 beschlossen, dass ab dem 1. September 2020 die Mehrheit der ausserordentlichen Massnahmen entfallen (wie bspw. die Ausweitung der Anspruchsgruppen wie z.B. Mitarbeitende mit befristeten Arbeitsverhältnissen, Temporärarbeiter sowie Arbeitnehmende auf Abruf; keine Überschreitung von 85% Ausfall länger als vier Monate; zusätzliche finanzielle Entlastung der Unternehmen) und eine Rückkehr zum ursprünglichen System der Kurzarbeitsentschädigung erfolgt. Es gilt nun wieder eine maximale Bewilligungsdauer von Kurzarbeit von drei Monaten. Bewilligungen, die zu Beginn des Monats älter als drei Monate waren, verlieren damit ihre Gültigkeit. Sollten Unternehmen noch immer auf Kurzarbeit angewiesen sein, so müssen sie eine neue Voranmeldung stellen. Dabei gelten bis zum Ende des Jahres noch das vereinfachte Verfahren bei der Voranmeldung und das summarische Verfahren bei der Abrechnung. Ebenso sind entsprechende COVID-19-Formulare zu verwenden. Die maximale Bezugsdauer von KAE wurde von 12 auf 18 Monate verlängert und es gilt eine eintägige Karenzfrist. Diese Änderungen gelten vorerst bis zum 31. Dezember 2021, maximal aber bis am 31. Dezember 2022, sollte das Parlament den Entwurf des COVID-19-Gesetzes verabschieden.

Risikogruppen

Die gesamte Zeit hindurch wurden viele Fragen rund um die Risikogruppen, sprich die besonders gefährdeten Personen, gestellt. Viele Arbeitgeber mussten von einem auf den anderen Tag Möglichkeiten schaffen, diese Mitarbeitenden nach Möglichkeit im Homeoffice zu beschäftigen. Für die besonders gefährdeten Personen fanden sich spezielle Regelungen in der COVID-19-Verordnung 2. Diese wurde zwischenzeitlich durch die Covid-19-Verordnung 3 sowie die Covid-19-Verordnung besondere Lage ersetzt. In den neuen Verordnungen finden die besonders gefährdeten Personen keine explizite Erwähnung mehr. Es bleibt lediglich bei der allgemeinen Fürsorgepflicht des Arbeitgebers für alle Mitarbeitenden. Der Arbeitgeber muss auch gemäss den neuen Verordnungen gewährleisten, dass die Empfehlungen des BAG betreffend Hygiene und Abstand eingehalten werden können. Kann der Mindestabstand nicht eingehalten werden, so müssen andere Massnahmen getroffen werden, wie Homeoffice, Masken, Trennung der Mitarbeitenden respektive Einführung eines Schichtbetriebes o.ä. Anfang August 2020 wurden neu auch Schwangere zu den besonders gefährdeten Personen hinzugezählt. Dies bedeutet für Arbeitgeber, dass sie nun auch für diese Mitarbeiterinnen allenfalls ihre Schutzkonzepte überprüfen müssen.

Quarantäne

Die Angst vor einer Quarantäne war gerade im Rahmen der Sommerferien ein grosses Thema und ist es noch. Das BAG aktualisiert in der Regel im Zweiwochenrhythmus die Liste der Staaten und Gebiete mit erhöhtem Ansteckungsrisiko. Wer sich dennoch in ein Gebiet begibt, das bereits auf dieser Liste erwähnt ist, muss sich nach Rückkehr in die Schweiz für 10 Tage in Quarantäne begeben. Während dieser Zeit haben Mitarbeitende in der Regel keinen Anspruch auf Lohn von ihrem Arbeitgeber oder eine Entschädigung nach der COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall. Es bestünde lediglich dann ein Anspruch auf Lohn vom Arbeitgeber, wenn eine Beschäftigung im Homeoffice möglich wäre oder der Arbeitgeber die Reise veranlasst hat.

Es gibt noch weitere Ausnahmen, wobei diese oft anhand des konkreten Einzelfalls analysiert werden müssen. Begeben sich Mitarbeitende freiwillig in Quarantäne, weil sie z.B. von der SwissCovid App benachrichtigt wurden oder im Umfeld einen Erkrankten hatten, so besteht in der Regel kein Anspruch auf Lohn. Sollte hingegen eine ärztlich oder behördlich angeordnete Quarantäne vorliegen, so besteht die Möglichkeit, eine Entschädigung nach der COVID-19-Verordnung Erwerbsausfall bei der zuständigen AHV-Ausgleichskasse zu fordern. Zahlt der Arbeitgeber den Lohn weiter, so kann dieser die Entschädigung beantragen, ansonsten müssen sich die Mitarbeitenden selbst darum bemühen. Unabhängig von der Quarantäne kam die Frage auf, wie zu verfahren ist, wenn Mitarbeitende nicht aus den Ferien zurück an den Arbeitsplatz gelangen, z.B. wegen Grenzschliessungen oder weil Flüge abgesagt wurden. Hier gelten die allgemeinen Grundsätze, dass es in der Risikosphäre des Arbeitnehmers liegt, pünktlich seine Arbeit anzutreten. Ist er an der Arbeitsleistung objektiv verhindert, so hat er für diese Zeit keinen Anspruch auf Lohn vom Arbeitgeber.

Kündigungen

Aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse kamen dann auch Fragen nach Kündigungen auf. Oftmals ging es um die Frage, ob auch während laufender Kurzarbeit gekündigt werden kann. Dies ist möglich. Allerdings erlischt der Anspruch auf KAE mit Beginn der Kündigungsfrist. Noch nicht abschliessend geklärt ist die Frage, ob Mitarbeitende die Differenz zwischen der KAE und dem normalen Lohn geltend machen können, wenn sie trotz Zustimmung zur Kurzarbeit gekündigt werden.

Zudem erhielten wir Anfragen, ob Kündigungen von Mitarbeitenden, die zu einer Risikogruppe gehören, möglich sind. Die Frage, ob Sperrfristen auch für Risikopatienten gelten, wird von namhaften Juristen unterschiedlich beantwortet. Auch gibt es hierzu unseres Wissens noch keine Gerichtsentscheide, an denen man sich orientieren könnte. Unserer Ansicht nach gelten die Sperrfristen für Risikogruppen nicht, da die Fälle nicht vergleichbar sind mit Krankheit, Unfall, Militär und Schwangerschaft. Demnach sind Kündigungen von Risikopatienten unserer Meinung nach wirksam. Dennoch ist Vorsicht geboten. So besteht das Risiko, dass eine Missbräuchlichkeit der Kündigung geltend gemacht wird, wenn Mitarbeitende behaupten, ihnen sei wegen der Zugehörigkeit zu einer Risikogruppe gekündigt worden. Bei Bejahung einer Missbräuchlichkeit könnte eine Entschädigung bis zu sechs Monatslöhnen gefordert werden.

Ebenso erhielten wir Anfragen betreffend fristlose Kündigungen. Bei fristlosen Kündigungen ist generell doppelte Vorsicht geboten. Gerade bei kurzen Kündigungsfristen empfiehlt es sich oftmals in nicht eindeutigen Fällen aus wirtschaftlichen Gesichtspunkten, eher eine ordentliche Kündigung auszusprechen und den Mitarbeitenden allenfalls bis zum Ende der Kündigungsfrist freizustellen. Verweigert ein Mitarbeitender die Arbeitsleistung, weil er (unbegründet) Angst vor einer Ansteckung im Betrieb hat, so besteht unter Umständen die Möglichkeit, nach vorheriger Abmahnung, auch fristlos zu kündigen.

Kathrin Moosmann

Kontakt

Kathrin Moosmann, Rechtsanwältin
Muri Partner Rechtsanwälte AG

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Kathrin.Moosmann@muri-anwaelte.ch 
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