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Der Vertrauensarzt – Ein Heilmittel gegen Krankschreibungen?

31. Mai 2023

Arbeitnehmer werden krank und die allermeisten Krankschreibungen sind gerechtfertigt. Doch was tun, wenn sich der der Arbeitgeber nicht sicher ist, ob der Arbeitnehmer tatsächlich krank ist? In diesem Fall kann er den Arbeitnehmer anweisen, zum Vertrauensarzt zu gehen. Was das genau bedeutet und welche Punkte zu beachten sind, erläutert der nachfolgende Artikel:

Wann kann der Arbeitgeber einen Arbeitnehmer zum Vertrauensarzt schicken?

Damit ein Arbeitnehmer zum Vertrauensarzt geschickt werden kann, müssen gewisse objektive Zweifel an der geltend gemachten Arbeitsunfähigkeit bestehen. Dies ist etwa dann der Fall, wenn die Arbeitsunfähigkeit unmittelbar nach Beginn der Kündigungsfrist oder während nicht bewilligten Ferien eintritt.

Wer kann den Vertrauensarzt bestimmen und was ist bei dessen Wahl zu beachten?

Der Vertrauensarzt kann durch den Arbeitgeber bestimmt werden – er hat aber auch die Kosten der vertrauensärztlichen Untersuchung zu tragen. Der Arbeitnehmer kann einen Vertrauensarzt nur ablehnen, wenn objektive Gründe gegen den Vertrauensarzt sprechen (so z.B. wenn der Arbeitnehmer mit dem Vertrauensarzt in der Vergangenheit negative Erfahrungen gemacht hat). Zu beachten bleibt zudem, dass die vertrauensärztliche Untersuchung möglichst rasch erfolgen sollte. Je länger zugewartet wird, desto tiefer ist der Beweiswert einer vertrauensärztlichen Untersuchung.

Über was gibt das Zeugnis des Vertrauensarztes Auskunft?

Der Vertrauensarzt ist im gleichen Umfang an die ärztliche Schweigepflicht gebunden wie der Hausarzt des Arbeitnehmers. Er darf – ohne dass er durch den Arbeitnehmer vorgängig vom Arztgeheimnis entbunden wurde – nur über Bestand, Dauer und Grad der Arbeitsunfähigkeit sowie zur Frage, ob ein Unfall oder eine Krankheit vorliegt, Auskunft geben. Gibt er weitere Informationen wie etwa die Diagnose bekannt, macht er sich strafbar.

Wie ist vorzugehen, wenn sich die Arztzeugnisse widersprechen?

Widersprechen sich die Arztzeugnisse, so kann der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auffordern, wieder zur Arbeit zu erscheinen und im Weigerungsfalle die Lohnzahlung einstellen oder gar eine Kündigung in Betracht ziehen. Zwar stellt das Zeugnis des Vertrauensarztes nicht den einzigen Beweis dar. Würde der Arbeitgeber sich aber nicht darauf abstützen, so könnte er die vertrauensärztliche Untersuchung auch sein lassen.

Klagt der Arbeitnehmer anschliessend den Lohn ein, so wird ein Gericht über die Arbeitsunfähigkeit entscheiden müssen. Das Gericht würdigt dabei den Beweiswert der beiden Arztzeugnisse anhand verschiedener Faktoren (so etwa Zeitpunkt der Untersuchung sowie deren Umfang) und erhebt allenfalls weitere Beweise wie etwa Zeugenaussagen. Kommt das Gericht zum Schluss, dass der Arbeitnehmer tatsächlich arbeitsunfähig war, so muss der Lohn nachbezahlt werden.

Was, wenn der Arbeitnehmer die Untersuchung beim Vertrauensarzt verweigert?

Weigert sich der Arbeitnehmer, zum Vertrauensarzt zu gehen, so empfiehlt es sich, den Arbeitnehmer zu mahnen und ihn nochmals aufzufordern, den Termin wahrzunehmen. Verweigert sich der Arbeitnehmer dennoch, so hat der Arbeitgeber gute Gründe, von der Ungültigkeit des Arztzeugnisses auszugehen. Er kann den Arbeitnehmer wiederum zur Arbeit auffordern und bei Nichterscheinen die Lohnfortzahlung einstellen.

In der Praxis zeigt sich, dass der Vertrauensarzt für Arbeitgeber häufig ein wichtiges Mittel ist, um ungerechtfertigte Krankschreibungen zu verhindern. Insbesondere wenn es um die Einstellung der Lohnzahlung oder Kündigungen geht, stellen sich aber heikle rechtliche Fragen. Es lohnt sich hier, frühzeitig anwaltlichen Rat zu suchen.

Kathrin Moosmann

Kontakt

Gian-Andrea Schmid, Rechtsanwalt
Muri Partner Rechtsanwälte AG

Sangenstrasse 3
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+41 (0) 71 622 00 22
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